"Unsere Deutschen" - Dauerausstellung des Collegium Bohemicum in Aussig/Ústí n.L.

Veröffentlicht am 24.11.2021 in Allgemein

Tschechien mein Heimatland

- oder wie die Schreibmaschine von Josef Hofbauer ins Museum in Ústí nad Labem/Aussig kam

(Nach einem Bericht von Tomas Lindner in der tschechischen Zeitschrift RESPEKT)

 

Die Brüder Robert (62) und Peter (71) leben in Südschweden, Harry (69) in Südfrankreich – ihre Wurzeln reichen aber bis nach Nordböhmen zurück. Ihr Großvater, der gebürtige Wiener Josef Hofbauer, war Teplice Korrespondent der sozialdemokratischen Zeitung „Freiheit“, verliebte sich in Teplice und heiratete. Basierend auf seinen Fronterfahrungen schrieb er 1930, da lebte er bereits in Prag, den Antikriegsroman "Der Marsch ins Chaos", den die Nazis nach der Machtergreifung in Deutschland verbrannten. Nach dem Münchner Abkommen zog es Hofbauer daher vor, schnell ins schwedische Exil zu fliehen.

 

Die drei Brüder wurden in Skandinavien geboren und haben ihren Großvater, der kurz nach dem Krieg starb, nie gekannt. Sie kannten nur seine Fotos und Möbel, die 1938 noch von Prag nach Norden transportiert werden konnten. "Ich habe noch einige Erinnerungsstücke an meinem Großvater, wie ein Nudelholz aus Porzellan", sagt Peter. Die Gebrüder Hofbauer sprechen Deutsch mit einem starken Akzent, und manchmal erinnern sie sich nicht an ein deutsches Wort. "Wir haben seit unserer Kindheit Schwedisch miteinander gesprochen", erklären sie.

 

Peter und Harry bei einem ihrer Besuche in der CZ / Ihr Großvater Josef Hofbauer

 

Vor genau zehn Jahren luden Peter und Harry eine Schreibmaschine und einen Koffer in ihr Auto, setzten sich ans Steuer und fuhren los. Bei Malmö trafen sie sich auf die Autobahn und fuhren weiter nach Süden durch Dänemark und Deutschland. Bis Ústí nad Labem/Aussig, wo der in Prag lebende Historiker Thomas Oellermann nach einem Auto mit schwedischem Kennzeichen Ausschau hielt. Gemeinsam luden sie die Ladung aus und trugen sie die Treppe zum Gebäude des Stadtmuseums in Ústí nad Labem hinauf. Die Schreibmaschine, auf der beispielsweise Josef Hofbauer 1937 ein Buch über T. G. Masaryk schrieb, dazu Texte, Briefe und persönliche Dokumente in einem Koffer verstaut, schenkten die Gebrüder Hofbauer dem Collegio Bohemicum, wo Oellerman seinerzeit arbeitete.

Das lange Warten auf die Eröffnung der Ausstellung störte die Brüder nicht. „Wir hatten volles Vertrauen in Thomas, der nun für Opas Erbe verantwortlich ist“, sagt Harry Hofbauer. Oellerman widmete sich in seiner Dissertation der Sudetensozialdemokratie, kontaktierte die Brüder per E-Mail und versorgte sie in späteren Gesprächen mit detaillierten Kenntnissen über die Geschichte ihrer Vorfahren. Unerwartete Kontakte aus Böhmen und mit der Seliger-Gemeinde weckten bei den Brüdern selbst Interesse an der Familiengeschichte.

"Dieser Koffer war auf dem Dachboden direkt über dem Zimmer, in dem ich jahrzehntelang geschlafen habe. Aber ich habe den Inhalt nie recherchiert. Erst in den Monaten vor der Reise nach Ústí habe ich Tag und Nacht alles gelesen“, sagt Peter. Der jüngere Harry kannte den Inhalt des Koffers etwas besser: "Ich habe die Gedichte meines Großvaters gelesen", sagt er. Das Leben in der Tschechoslowakei und die Nachkriegsvertreibung der deutschen Bewohner des Sudetenlandes wurden in der Familie nicht diskutiert. Und dass, obwohl andere sudetendeutsche Exilanten, darunter der Chef der deutschen Sozialdemokratie in der Vorkriegstschechoslowakei, Wenzel Jaksch, ihre Eltern als Kinder besuchten. In den 1960er Jahren führen die Brüder und ihre Eltern in die Tschechoslowakei, besichtigten Prag und trafen in Teplice die Schwester ihres Vaters, die einen tschechischen Ehemann hatte und so der Abschiebung entging. Sie spielten auch mit zwei Cousinen, die nur Tschechisch sprachen – die Kinder waren sich fremd. „Wir würden sie gerne finden, aber wir haben es noch nicht geschafft“, sagt Peter.

Die Gebrüder Hofbauer stehen in Kontakt mit anderen Nachfahren der Sudetendeutschen Sozialdemokraten, denen vor dem Einmarsch der Hitler-Truppen die Flucht aus der Tschechoslowakei ins neutrale Schweden gelang.  – viele Mitglieder der schwedischen Gruppe der Seliger-Gemeinde. „Wir sind insgesamt 12 Familien und planen nächstes Jahr eine gemeinsame Reise nach Berlin, Ústí nad Labem und München“, sagt Robert Hofbauer. Ziel ist es, die drei Museen über die Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen und die Nachkriegsvertreibung zu besuchen, die in diesen Städten in letzter Zeit entstanden sind - völlig unabhängig voneinander.

 
 

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