Lesetipp

Veröffentlicht am 31.07.2024 in Allgemein

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Böhmische Reise

Eine Fahrt ins Menschenland

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Schon immer fanden begeisterte Poeten genügend Motive für ihre Werke. Vom Böhmerwald bis zu den Beskiden erklang auch eine Symphonie der Arbeit. Vielfältig war die Instrumentation, die Äxte der Holzfäller in den Forsten, die Schlägel der Hauer in den Bergwerken, und die Sensen der Bauern auf den fruchtbaren Feldern waren ebenso vernehmlich zu hören, wie das Dröhnen der Maschinen in den Fabriken. Nur wenige Dichter nahmen Menschen der Arbeit zum Vorbild, und doch ist der Schaffende und seine Werke ebenso voll Erhabenheit wie die Naturschönheiten.

Ein fast hundertjähriges Ringen der Bauern und Arbeiter um Bürgerfreiheit und Menschenrechte, den Voraussetzungen wirtschaftlicher Sicherheit, war verbunden mit kulturellen Bestrebungen. Einst war der Adel alleiniger Nutznießer der Wissenschaften, Literatur und Künste gewesen. Die Revolutionen des 18. und 19. Jahrhundert haben die Befreiung des Bürgertums und damit seine Kulturepoche herbeigeführt. Der Historiker Dr. Emil Strauß schrieb in seiner Geschichte  der sudetendeutschen Arbeiterbewegung den treffenden Satz: „Dieweil das Bürgertum sich seine Wissenschaft und Kunst schuf, lebten die Fabrik- und Heimarbeiter in tiefster wirtschaftlicher und geistiger Not.“

Und es ist leider auch eine Tatsache, dass die Sudetendeutschen keinen „bürgerlichen Dichter“ hervorgebracht haben, der, gleich Schlesiens Gerhard Hauptmann, in der „Glanzzeit der bürgerlichen Kultur“ ein literarisches Anklagedokument (ähnlich dem Drama „Die Weber“) verfasste. Schriftstellerische Bedeutung des Volksschicksals in Zeit und Umwelt kannte den Lebensbereich des besitzlosen Arbeiters im Sudetenland nur selten.

Wir fanden den Arbeiter, sein Leben und Kämpfen bisher nur in von seinesgleichen geschaffenen Gedichten und Erzählungen. Die Arbeiterdichter haben ihren Schicksalsgefährten ein literarisches Denkmal gesetzt. Eduard Rieger schuf z.B. das Schauspiel „Irrwege“, in dem das trostlose Leben der Reichenberger Textilarbeiter ergreifend veranschaulicht wurde, und Josef Hofbauer schrieb u.a. den Roman „Dorf in Scherben“, der vom Schicksal eines Sudetendorfes während der Weltwirtschaftskrise handelt. In den „Stimmen der Freiheit“ (1901), den „Modernen Stimmungsbildchen“ (1899), den „Nordböhmischen Klängen“ (1899), in Schiller-Seffs „Gesammelten Werken“ (1928), und schließlich in „Späte Ernte“ (1944) sind die Schöpfungen der sudetendeutschen Arbeiterdichter gesammelt, weitere sind verstreut in Zeitungen zu finden. In der Brücke der ersten Jahre wurde Erna Künasts „Stille Stunden“ gewürdigt. Eine bisher ungedruckte Sammlung von Gedichten eines deutsch-böhmischen Arbeiters kommt hinzu. Der Verfasser – Martin Grill, Jahrgang 1908, Heimatort Eichwald-Teplitz, im schwedischen Exil lebend – nennt sie „Die böhmische Reise“.

Bereits in der Heimat vor 1938 wurden viele Gedichte Grills im Arbeiter-Jahrbuch und anderen Publikationen abgedruckt, später sind die Brücke und das Sudeten-Jahrbuch die Fundstellen. Doch nur die Zusammenfassung seiner alten und neuen Gedichte zu vorerwähntem, mit „Eine Fahrt ins Menschenland“ untertiteltem Band offenbart uns die Verbundenheit zwischen Volk und Heimat, Einzelmensch, Gesellschaft, Arbeit und Wirtschaft – den Fakten, die der Dichter kritisch beleuchtet und einer Wandlung zum Guten zuführen will. Die erträgliche Form des Zusammenlebens als Zukunftsziel für die „böhmischen Völker“ (Deutsche und Tschechen), ist angedeutet, wenn immer wieder die „Heimat Böhmen“ in den Vordergrund gerückt wird.

Schon 1954 hoffen die Redakteure der Brücke, „dass auch dieser Gedichtband recht bald am Büchermarkt erscheinen kann, um das Schrifttum durch das Werk eines sudetendeutschen Arbeiterdichters zu bereichern“. Doch erst 1969 brachte der Verlag Die Brücke das 64-seitige Taschenbuch selbst heraus.

Das Buch ist heute im Antiquariat sehr günstig zu beziehen – auch die Geschäftsstelle hat einige Exemplare vorrätig.

 
 

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