Auf den Spuren der Urlaubsreiseorganisation (URO) der DSAP

Veröffentlicht am 20.09.2021 in Allgemein

Blick von der "Villa Salus" zum Meer

An die Adria – nach Abbazia/Opatija

Nachdem wir letztes Jahr wegen der Corona-Einschränkungen nur bis Triest gekommen sind, war dieses Jahr Opatija an der kroatische Adriaküste unser Urlaubsziel. Fast ein Jahrhundert nach dem Ende der Donaumonarchie ist heute das kroatische Opatija wieder eines der imposantesten Bäder Mitteleuropas. Auch heute noch atmet man in Opatija auf Schritt und Tritt k.u.k.-Atmosphäre. Die Villen und Hotels aus dieser Zeit sind wahre Paläste und man hat das Gefühl „Marienbad am Meer“ zu besuchen. Hotels wie das „Kvarner“ und die „Villa Angiolina“ haben eine lange Geschichte. Von 1918 bis 1947 gehörte der Ort zum Königreich Italien und hieß Abbazia. Und auch hier trifft man auf die Spuren der DSAP!
 

Doch was hat die DSAP mit Opatija zu tun?

In der Zeit zwischen 1890 und 1914 lag Österreich am Meer. Touristisch erschlossen wurde die österreichische Adria aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts - durch die Eisenbahn. Mit der Südbahn über den Semmering, gelangte man seit 1857 von Wien über Nacht nach Triest und ab 1873 auch nach Rijeka. Früher noch als in Venedig entstand im nahen Fischerdorf Abbazia 1881 ein erstes Hotel - das erste überhaupt an der Adria, betrieben von der Südbahngesellschaft.

Ab 1880 boomte Opatija dann enorm - Hotels, Kurhäuser, Badeanstalten, Sommerhäuser, Parks und auch viele weiteren Villen sollten folgen. In kurzer Zeit wuchs Abbazia zum wichtigen Kurort heran, mit Palmen und Ferienvillen. Es war eine heile Welt für eine adlige und großbürgerliche Elite, für die man den Historismus Wiens an der Kvarner Bucht nachbaute. Es muss eine komplizierte und kosmopolitische Welt gewesen sein - im Habsburgerreich wurden allein elf Sprachen gesprochen. Gäste kamen wegen der Wärme und der heilsamen Luft aus ganz Europa angereist, darunter das österreichische und das deutsche Kaiserpaar, Georg I. von Griechenland, Nikolaus von Montenegro, Wilhelm IV. von Luxemburg, auch viele Schriftsteller waren zu Gast. Man schwärmte vom milden Klima Abbazias und von seiner Exklusivität, von seinen Strandseebädern und Prachthotels, von seinen modernen Kuranstalten und luxuriösen Villen. Hier traf sich die vornehme Gesellschaft aus Wien, Prag und Budapest; man logierte im Quisisana oder im Kronprinzessin Stephanie , promenierte am Strandweg nach Lovrana und dinierte im Adriaclub. Nach dem Hochadel, prominenten Künstlern oder schwerreichen Industriellen kam das reiche Bürgertum nach Abbazia - und dann der Krieg und nach der Übergabe an Italien (nach 1918) ging es mit Opatija bergab.

Der Erste Weltkrieg, der vor gut hundert Jahren die Monarchie hinwegfegte, hat Opatija zwar verschont. Aber aus dem österreichischen Kurort wurde ein italienischer – wie aus dem österreichischen Böhmen und Mähren ein deutschsprechender aber tschechischer Landstrich wurde.

1924 entstand auf Initiative der DSAP, des Kreisbildungsausschusses Bodenbach und der dortigen Gruppe des Zentralverbandes der Angestellten die Urlaubsreisenorganisation (URO). Über die Ziele der URO, die ehrenamtlich geführt wurde und nicht auf Reingewinne abzielte, schrieb Ernst Paul 1926 in der eigens herausgebrachten Zeitschrift „Aufstieg“: „Und deshalb haben wir eine Reiseorganisation geschaffen, um möglichst vielen Menschen das Erleben einer Reise zu vermitteln. Was dem Einzelnen aus Gründen… nicht möglich ist, das schafft die Organisation. Sie verbilligt die Reise, spart Zeit und Nervenkraft und bietet zahlreiche andere Vorteile.“ Selbst Reisen nach Italien wurden plötzlich erschwinglich.

Zum vorrangigen Reiseziel entwickelte sich deshalb Italien, über das Adolf Reitzner, Bürgermeister der Stadt Bodenbach nach dem Ersten Weltkrieg, schrieb: „Arbeiter und Angestellte, die ihren Urlaub nicht daheim verhocken, sondern mit der URO eine Reise unternehmen, die ihrer Billigkeit halber leicht erschwinglich ist, werden, wenn sie beispielsweise nach Italien fahren, aus dem heimischen Regen- und Nebeltagen in ein Land kommen, über welches sich der Himmel in reiner Bläue spannt und die Sonne ihre Strahlen ungehindert herniedersendet. Die Lorbeerhecken senden einen Duft aus, der sich wie Balsam auf die Lunge legt und den Menschen, der aus der Groß- oder Fabrikstadt kommt, befreit aufatmen lässt.“

In wie weit die klassischen Arbeiter ihre sechs Urlaubstag in Italien verbrachten lässt sich schwer abschätzen, da keine Teilnehmerlisten vorliegen. Dankeszuschriften deuten an, das mit „Bankbeamter Fritz Schulze“ sowie „Med. Univ. Dr. J. Sassower“ die Reisen wohl überwiegend von Angehörigen der Mittelschicht gebucht wurden – u.a. aus Prag, aus Dresden oder Leipzig. Reisegruppen bis zu 50 Personen sind durch Urlaubsfotos im „Aufstieg“ belegt und eine Reise kostete zwischen 1200 Kč (14 Tage) und 2280 Kč (28 Tage) für Reise, Unterkunft und Verpflegung. Geworben wurde u.a. in der Glasarbeiter-Zeitung, im „Land- und Forstarbeiter“ oder im „Berg frei“ der Naturfreunde.

Fahrten nach Italien gehörten ab 1926 zum ständigen Programm der URO. So konnte für den August 1927 eine Mittelmeerrundreise Venedig, Florenz, Rom, Neapel mit einer anschließenden Dampferfahrt nach Triest gebucht werden. Als Hauptdestination der URO in Italien kristallisierte sich nach einer gewissen Zeit Abbazia heraus. Dieser Kurort hatte bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu den Hauptdestinationen von Touristen aus dem Habsburgerreich gehört. Mit Pauschalreisen nach Abbazia sollte „das Land der Sehnsucht Wirklichkeit werden“. Die URO warb wie folgt für eine Reise an die Adria: „Abbazia darf mit Recht als die Perle der Adria bezeichnet werden. Neben größtem Komfort bietet Abbazia alle klimatischen Voraussetzungen zur Entspannung der Nerven und verfügt neben lebhaftem Badebetrieb über eine zu Ausflügen hervorragend geeignete prachtvolle Umgebung.“

 

„Villa Salus“

In den 1920er Jahren erwarb die URO Anteile an der Ende des 19. Jahrhunderts erbauten „Villa Salus“, in dieser Pension wurden von nun an die Reisenden untergebracht. „Ein schmuckes Haus in dichtem Grün. Weite, behaglich eingerichtete Zimmer, in denen man sich im Nu wie zu Hause fühlt. Balkone geben den Blick aufs Meer frei. …Und diese „Villa Salus“ gibt es fast unverändert noch heute und sie war Ziel unseres Kurzurlaubs in der Kvarner Bucht. Interessant ist, dass die „Villa Salus“, wie die Nachbar-Villen, nur zum Teil als Ferien-Appartements genutzt werden – daneben wohnen ganz normale Leute. Nur der damals hochgelobte Garten hat sehr unter der Umwidmung in Mehrfamilienwohnungen gelitten. Natürlich liegt die „Villa Salus“ nicht mehr in der ersten Häuserreihe am Meer und schon gar nicht am Rande der Stadt, sondern ist eingegliedert in die Großstadt Opatija mit all ihren Begleiterscheinungen. Das Vogelgezwitscher ist dem Verkehrslärm gewichen, der unverbaute Blick aufs Meer ist nur noch zwischen den vorgebauten Häusern möglich.

URO-Pension „Villa Salus“ auf dem Titelbild           -   „Villa Salus“ 2021 als Mehrfamilienhaus mit einzeln ver-

der Zeitschrift für Urlaubskultur „Der Auf-                  mieteten Appartements

stieg" vom November 1931

 

Die Anpreisungen in den Werbeprospekten der URO gleichen denen im Internet von heute: „Opatija zeichnet sich durch eine große Auswahl an gut ausgestatteten Stränden mit einem breit gefächerten Angebot für Kinder und Erwachsene aus. Fühlen Sie den Sand zwischen Ihren Zehen, wenn Sie zum Schwimmen ins Meer gehen. Erfrischen Sie sich in den entspannenden Meereswellen und genießen Sie einen idyllischen Tag in der Sonne. Praktisch überall haben Sie einen atemberaubenden Blick auf die Adria. Die beliebte Uferpromenade Lungomare ist der perfekte Ort, um die beeindruckende Fernsicht zu erleben und die Köstlichkeiten der Region in den vielen Restaurants der Stadt zu probieren. Die üppige Pflanzenwelt füllt die vielen Parkanlagen der Gegend mit Begrünung und wohlriechenden Düften. Das ideale, milde Mittelmeerklima ist allgegenwärtig.“

Die Annehmlichkeiten des Appartements in der „Villa Salus“, das Baden im Meer, das Spazieren auf der Seepromenade - „Lungomare“ nennen die Einheimischen die Flaniermeile an der Felsenküste, die um die Jahrhundertwende gebaut wurde. Der zwölf Kilometer lange Weg mit Blick aufs türkisblaue Meer verbindet fünf idyllische Küstenorte: Volosko, Opatija, Ičići, Ika und Lovran. 1996 wurde er als Hommage an die Blütezeit unter den Habsburgern nach dem österreichischen Kaiser offiziell „Promenade Franz Josef I.“ benannt - und die mediterrane Küche hielten trotz allem alle gegebenen Versprechen.

Urlaub in Opatjia heute

Erfolgte die Anreise in den 1920/30er Jahren mit dem Zug von Prag aus – eine 24stündige Reise über Graz und Laibach auf der sich die Reisegruppe schon mal kennenlernen konnte – geht es heute die Autobahn hinunter und man ist bestenfalls nach 9 Stunden (ebenfalls von Prag aus) am Ziel.

Einige Hotels bieten heute wieder eine „kaiserliche Reise“ mit dem „Majestic Imperator Train de Luxe“, einem Nachbau des kaiserlichen Hofzuges, an. Man fährt dabei von Wien nach Abbazia/Opatija und landet wie zu Kaisers Zeiten landet an der Station „Abbazia-Mattuglie“. Von hier geht es per Transfer z.B. ins Hotel Miramar nur wenige Meter von der „Villa Salus“ entfernt. Auch die URO-Leute mussten nach 24 Stunden Bahnfahrt mit dem Bus und/oder der Straßenbahn in die Ul. Maršala Tita 50, wo direkt vor der „Villa Salus“ eine Straßenbahnhaltestelle lag.
 

Ca. 150m von der Villa entfernt, und über einige Treppen den Weg hinunter liegt der Strand Škrbići. Klein, schnuckelig, nicht viel los aber eine tolle Aussicht wie vom Strand so auch vom Wasser aus. Natürliche Schattenplätze, eine öffentliche Toilette bereichern den Kieselstrand mit einem betonierten und natursteinbedecktem Badeplateaus. Gleich daneben liegt das bereits genannte Hotel Miramar. Noch eine Wegbiegung weiter liegt das sogenannte „URO-Bad“, der Tomasevač-Strand, welcher auch heute noch so heißt.

Überall in Opatija sind oder werden heute die alten Häuser renoviert. Die historistischen k. u. k. Hotels heißen „Kvarner“, „Continental“, „Miramar“, „Palace Bellevue“ oder „Imperial“ und strahlen in Apricot und Vanillegelb, Rosé und Weiß. Im Park der Villa Angiolina, wie in der ganzen Bucht, wachsen tropischen Pflanzen, denn Dank der vorgelagerten Inseln Krk und Cres und durch das umliegende Bergland ist der Ort vor Wind und Winterkälte geschützt. Dieser Park, direkt am Hafen gelegen, ist das grüne Herz der Stadt. In ihm hielten sich nicht nur viele historisch bedeutende Persönlichkeiten wie Kaiser Franz Josef I und die Kaiserin Maria auf, sondern auch die Reisegruppen der URO, wie die Bilder im “Aufstieg“ belegen. Auch wir genossen den Spaziergang durch diesen wunderbaren botanischen Garten.

In einem Abbazia-Reisebericht war zu lesen: „Wie rasch sind die Tage vergangen. Plötzlich war der letzte Abend herangekommen und alle noch nicht durchgeführten Pläne mussten auf ein anderes Mal verschoben werden. Noch am späten Abend herrscht Leben in der „Villa Salus“; die Koffer werden gepackt. Während dieser Arbeit tritt man noch öfter auf den Balkon hinaus und schaut auf die nichtbewegte schweigende Fläche des Meeres. .... Das Meer, das uns liebgewordene salzige Element, blinkt uns den Abschiedsgruß. Herrlich schön waren diese Tage von Abbazia und man kann nicht umhin sie allen, die Erholung bedürfen zu empfehlen. Wer also Sonne und Luft genießen will, der reise im Urlaub … nach Abbazia!“ – dem ist nichts hinzuzufügen!

Rainer Pasta

 
 

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